Urplötzlich bricht in einem kleinen, nicht näher benannten Land eine Zeit an, in der niemand mehr stirbt. Die Menschen sind zunächst vollkommen aus dem Häuschen, da sich der lang ersehnte Menschheitstraum der Unsterblichkeit endlich erfüllt zu haben scheint. Die Politik und vor allem die Kirchen sind jedoch mehr als besorgt, haben vor allem letztere ohne den Tod keine wirkliche Daseinsberechtigung mehr. Den Politikern machen derweil vor allem die Aussichten auf eine immerwährende Rente und Pflege der Menschen zu schaffen, weil das Altern keineswegs abgeschafft wurde und niemand weiß, wie man eine stetig steigende Bevölkerung bezahlen soll. Auch die Angehörigen jener, die eigentlich tot sein müssten, verfallen zunehmend in Verzweiflung, weil ihre Lieben in einem Zustand zwischen Leben und Tod vor sich hin vegetieren und dauerhaft gepflegt werden müssen. Als die Menschen erkennen, dass in den Ländern um sie herum jedoch weiterhin gestorben wird, entsteht daraus ein Geschäft, das jene, die kurz vor dem Ende stehen, zum Sterben über die Grenze schafft. Die ominöse „Maphia“, die daraus ihren Profit zieht, wird zunehmend mächtiger und hat noch weitere Pläne für das Land, das sie nach ihrem Geschmack verändern will. Währenddessen erkennt tod (die bewusst klein geschrieben werden möchte), dass die ganze Sache möglicherweise doch keine so gute Idee war und entwirft einen neuen Plan für die Bevölkerung des kleinen Landes, das daraufhin in noch größeres Chaos verfällt …
Wieder einmal zeigt Saramago mit scharfsinnigem Blick, dass er die Welt und die Menschheit ziemlich gut durchschaut hat und das Ganze mit viel Witz wiederzugeben versteht. Auch wenn der Roman für mich ein paar kleinere narrative Schwächen aufweist und das Ende mich nicht ganz überzeugt, ist die Geschichte allgemein unterhaltsam, lehrreich und zugleich sehr witzig. Vor allem tods Experimente mit verschiedenen Arten des Todes, die sie aus Langeweile vor dem immer gleichen Schema entwirft, haben etwas überaus Komisches an sich. Stellenweise erinnert die Beschreibung der Gedankengänge etwas an Terry Pratchett, was der Geschichte allerdings keineswegs Abbruch tut, ganz im Gegenteil.
Wer sich gern von witzigen, stellenweise absurden und dennoch philosophischen Büchern unterhalten lässt, sollte dem Buch definitiv eine Chance geben, es wird nicht enttäuschen. Für mich war es ein gelungener Start ins neue Lesejahr und ich kann nur hoffen, dass die Qualität der Bücher, die sich auf meinem Lesestapel tummeln, auf gleichem Niveau bleibt.
In diesem Sinne auch von mir ein frohes neues Lesejahr.
José Saramago
Eine Zeit ohne Tod
Klappenbroschur, 256 Seiten
Verlag: Atlantik
ISBN: 978-3455650402