Jane Rizzoli und Maura Isles werden mit einem bizarren Mordfall konfrontiert: in einer Garage findet die Bostoner Polizei die Leiche eines umstrittenen Jägers und Tierpräparators – ausgeweidet und aufgehängt wie eine seiner zahlreichen Jagdtrophäen. Zunächst finden sich nur wenig verwertbare Beweisstücke und auch ein weiterer Mord, der mit dem ersten offensichtlich in Verbindung zu stehen scheint, bringt Rizzoli & Isles nicht wirklich weiter. Erst als sie nach ähnlichen Morden in der Vergangenheit suchen, finden sie neben vielen weiteren ungeklärten Fällen auch Spuren, die zu einer Gruppe von Abenteurern führen, die sechs Jahre zuvor auf alptraumhafte Weise während einer Safari im Dschungel von Botswana ums Leben kamen. Rizzoli begibt sich nach Afrika, um in Erfahrung zu bringen, was damals geschehen ist.
Tess Gerritsen hat (mal wieder) mit Der Schneeleopard einen richtig guten Rizzoli & Isles-Thriller vorgelegt, intelligent, spannend und fesselnd. Ein guter Plot, der uns nicht nur an den Ermittlungen des mittlerweile elften Falles von Rizzoli & Isles in Boston teilhaben lässt, sondern uns auch auf eine alptraumhafte Safari in Botswana mit nimmt, die aus der Sicht der Teilnehmerin Milli erzählt wird. Beide Schauplätze, ersterer in der Gegenwart und letzterer sechs Jahre in der Vergangenheit, werden geschickt im Wechsel erzählt und die Ereignisse beider führen auch erst kurz vor dem Ende zusammen. Doch lange Zeit wissen wir nicht, wer denn jetzt tatsächlich der Bösewicht ist, denn alle aufkommenden Verdachtsmomente der Ermittlungen gehen in die unterschiedlichsten Richtungen und werden oftmals angezweifelt und auch widerlegt. Nichts desto trotz denke ich, dass wir davon ausgehen können, dass auch bei diesem Thriller (wie immer und wie von mir schon oft bemängelt) der Mörder am Ende spektakulär seine gerechte Strafe erhält und das Zeitliche segnet. Wetten wir?
Trotzdem ist es ein überzeugendes Buch, bei dem uns Tess Gerritsen noch ein bisschen mehr an dem Leben ihrer Protagonistinnen Rizzoli & Isles teilhaben lässt und ihre Figuren durch private und familiäre Schicksale noch menschlicher macht. Vielleicht kommen die Männer bei Tess Gerritsen ein bisschen schlecht weg – manchmal habe ich den Eindruck, dass wir für sie nur sabbernde Trottel oder Neanderthaler sind – aber dem würde ich jetzt nicht all zu viel Bedeutung beimessen, da kann man darüber hinweg lesen. Ich kann nur hoffen, dass Frau Gerritsen im echten Leben ein besseres Bild von uns hat.
Ein nicht so gutes Bild habe ich allerdings von der Sprecherin der Hörbuchversion bekommen. Gelesen wird es von Mechthild Großmann, von der ich bisher eigentlich immer begeistert war und die ich für ihre außergewöhnlich rauhe Stimme schätze, mit der sie schon manchem Buch eine ganz besondere Stimmung verleihen konnte. Doch dieses Mal hat sie mich nicht wirklich überzeugen können, ganz im Gegenteil. Der Schneeleopard war so unerträglich langsam und getragen gelesen, dass der Thriller unverdienterweise sehr an Qualität einbüßte. Ein Thriller darf schon eine gewisse „Geschwindigkeit“ erreichen, denn mit der Spannung steigt ja auch unsere Erregung, doch hier sehnte man sich regelrecht sehnsüchtig jedes weitere Wort herbei. Dankenswerterweise können Nutzer der audible-App die Abspielgeschwindigkeit erhöhen und bei der zweifachen Geschwindigkeit (!) hatte Mechthild Großmann eine annehmbare Geschwindigkeit, die dem Thriller auch gerecht wurde. Und das mit kaum wahrnehmbarer Sprachverzerrung …
Das Buch ist ein weiterer spannender und empfehlenswerter Fall von Jane Rizzoli und Maura Isles, das Hörbuch auch – bei doppelter Abspielgeschwindigkeit (und das ist ein ernst gemeinter Tipp von mir!).
Tess Gerritsen
Der Schneeleopard
Gebundene Ausgabe 416 Seiten
Verlag: Limes Verlag (20. April 2015)
ISBN: 978-3809026372
Hörbuch, 14 Std.
Gesprochen von: Mechthild Großmann
Version: ungekürzt, Deutsch
Verlag: Audible GmbH