Alberto Vázquez-Figueroa: Ikarus

Alberto Vázquez-Figueroa: Ikarus

1914: Der schottische Abenteurer John McCracken und sein Freund All Williams kämpfen sich auf der Suche nach mythischen Goldvorkommen durch den Urwald von Venezuela. Zwar finden Sie nach entbehrungsreichen und harten Monaten im Dschungel vollkommen entkräftet den Schatz, doch zumindest All Williams bezahlt das Glück mit seinem Leben. Sieben Jahre später sucht John McCracken einen Piloten, der ihn wieder zurück in den Dschungel von Venezuela bringen soll, um erneut die Goldmine aufzusuchen. Der waghalsige Kriegveteran Jimmie Angel nimmt die Herausforderung an und macht sich mit McCracken und seiner Bristol Piper, einem altersschwachen Doppeldecker aus dem ersten Weltkrieg, auf den Weg in ein spektakuläres Abenteuer.

Alberto Vázquez-Figueroa ist ein Kind spanischer Eltern, die in seinem Geburtsjahr 1936 während des spanischen Bürgerkrieges aus politischen Gründen verurteilt und nach Spanisch-Sahara (heute die marokkanische Wüste) deportiert wurden. Dort wuchs Vázquez-Figueroa unter den Tuareg auf. Bevor er Schriftsteller wurde, arbeitete er als Journalist und Auslandskorrespondent in Afrika und Lateinamerika. Seither schrieb er über 40 Bücher und Drehbücher für TV- und Kinoproduktionen. 1980 erschien sein Erfolgsroman Tuareg, den ich Anfang der neunziger Jahre gelesen habe und – soweit ich mich entsinnen kann – sehr authentisch und gut fand.

Ikarus ist ein großartiges Buch. Ein Werk, das vordergründig ein Indiana Jones für Erwachsene zu sein scheint, aber unter der Fassade von alten Doppeldeckern und dichtem Dschungel viel mehr verbirgt. Eine sehr spannende Geschichte echter (Männer-)Freundschaften von Träumern, die den Spagat zwischen gesichertem Familienleben und Abenteuer nicht schaffen und bedingungslos der Fremde verfallen. Helden, die ihre Ehre und Freundschaft als höchstes Gut empfinden und in einer Zeit leben, in der unentdeckte, weiße Flächen auf Landkarten noch zu Mythen und Entdeckungsreisen einladen. Unerschrockene, die über sich und ihre Ängste hinaus wachsen und gelegentlich auch daran scheitern. Aber auch die Erkenntnis, dass am Ende die Liebe mehr wert ist, wie alles Gold der Erde. Ein Buch, das noch lange nach dem Lesen im Gedächtnis bleibt und zum Recherchieren anregt, denn Jimmie Angel gab es wirklich: 1933 entdeckte er den Salto Ángel, der höchste Wasserfall der Welt, und Ikarus ist seine Geschichte. Einziger Wehrmutstropfen: Vázquez-Figueroa nutzt gelegentlich ein Trikolon als stilistisches Mittel, was den ansonsten schön geschriebenen Text empfindlich stört, billig wirkt und keineswegs zur gewünschten (aber unnötigen) Spannungssteigerung beiträgt. Aber ansonsten ist es ein Lesegenuss. Sehr empfehlenswert für verregnete November-Sonntage!

Alberto Vázquez-Figueroa
Ikarus

Taschenbuch, 353 Seiten
Verlag: Ullstein Verlag, 1. Auflage Oktober 2004
ISBN: 3548258999

› Jimmie Angel bei wikipedia
der Salto Ángel bei wikipedia
› Was bitte ist denn ein „Trikolon“???