Frohe Ostern

Frohe Ostern

Wenn puschelige Osterhasen durch die Gegend hüpfen, nach einer Woche Sturm und Regen die Wolken von der Sonne vertrieben werden und allerorts gute Gerüche locken, dann wird es auch für Leseratten mal Zeit, die Seiten zuzuklappen und die Nase aus dem Fenster zu strecken. Mit dem Wissen, dass ein ganz bestimmtes, jährliches Naturschauspiel wieder nur für relativ kurze Zeit unsere Augen erfreuen wird, beobachtete ich auch dieses Jahr im heimischen Garten einen bestimmten Baum, um den Zeitpunkt des bewussten Geschehens ja nicht zu verpassen. Das Objekt meiner Aufmerksamkeit war eine japanische Zierkirsche und diese steht dieses Jahr passenderweise genau jetzt zu Ostern in voller Pracht.

Eine blühende japanische Zierkirsche allein mag sich zunächst nicht sonderlich spektakulär anhören, aber im berühmten Schwetzinger Schlossgarten gibt es eine große Kirschbaum-Anlage, in der dutzende Zierkirschen über Kreuz in zwei Alleen gepflanzt sind, flankiert von vier großen Tulpenfeldern (gelb). Zur Blütezeit kann man inmitten von alten, mächtigen Bäumen in einem Meer von rosafarbenen Blüten stehen, die wie ein Baldachin die Wiesen darunter überdachen. Wenn man unter den Bäumen lustwandelt, kommt man sich vor wie ein aus dem Winterschlaf wach geküsstes Dornröschen. Am schönsten ist das Erlebnis kurz vor dem Verblühen, wenn die ersten Blütenblätter bereits abfallen und der Spaziergänger durch dahintreibende rosa Wolken flanieren kann. Dieses Ereignis lockt jährlich jede Menge Touristen, Verliebte und Verträumte an.

Der Schwetzinger Schlossgarten ist auch abseits der Kirschblüte einen Besuch wert und eignet sich hervorragend als besonders stilvolle Leseecke für Werke von z.B. Schiller, Goethe, Jane Austen oder den Bronte-Schwestern (bitte stellen Sie sich auf dem „e“ von „Bronte“ zwei Pünktchen vor). Zwar nicht immer stilecht – der Garten wurde 1753 vom Hofgärtner Johann Ludwig Petri im Stil des französischen Barock angelegt – aber immer zauberhaft mit vielen versteckten Sitzgelegenheiten im Grünen, am Wasser oder in alten Ruinen, die zum literarischen Verweilen einladen. Hungrige sollten allerdings vorher etwas essen, da im Park stellenweise wilder Bärlauch wächst, der einem gelegentlich den Gaumen kitzelt. Mehr Informationen über den Park erhalten Sie auf der Homepage vom Schloss Schwetzingen.

Mit noch märchenhaften Bildern im Kopf sende ich Ihnen einen blühenden Ostergruß vom japanischen Waka-Dichter Fujiwara no Ietaka (1158-1237):

花を飲み
待つらん人に
山里の
雪まの草の
春を見せばや

Dem der nur die Kirschblüte
Sehnlichst erwartet, wie
Gern zeigte ich ihm
Im schneebedeckten Gras des Bergdorfs
den Frühling.

Tags: Ostern