Warum? Darum!

Warum? Darum!

Nach einigen arbeitsreichen Tagen kam ich endlich mal wieder dazu, die Tweets zu lesen, denen ich folge. Neben den vielen schönen Beiträgen fand ich auch den folgenden von @literaturschock:

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Das machte mich natürlich sofort neugierig und so folgte ich dem Link zu dem Artikel „Literaturblogger wollen gar keine Kritiker sein„, den die freie Lektorin Caterina Kirsten (@SchoeneSeiten) für das Börsenblatt schrieb. Insgesamt fand ich den Artikel recht gut, da er doch ein positives Bild auf uns Literaturblogger wirft. Allerdings bin ich über ein paar Kleinigkeiten gestolpert, die meinem Verständnis als Blogger nicht gerecht werden. Frau Kirsten kann da aber nichts dafür, da sie nur auf eine allgemein gebräuchliche und korrekte Terminologie zurückgegriffen hat, letztendlich will ich ihren Beitrag auch gar nicht kritisieren, sondern eher um einige persönliche Aussagen ergänzen.

Frau Kirsten hat mich sehr zum Nachdenken gebracht, denn mir kam es noch gar nicht in den Sinn, als lediglich „niedrigschwelliger Laienkritiker“ empfunden zu werden. Als ein solcher fallen meine Rezensionen durchaus in der Regel emotional und sprachlich weniger abgehoben als in den klassischen Feuilletons aus. Klar, als Grafik-Designer respektive Art Director verfüge ich ohne germanistische Ausbildung sicherlich nicht über die Werkzeuge eines studierten Literaturkritikers.

Oder etwa doch?

Welches Werkzeug ist denn für eine Kritik statthaft, wenn nicht die eigenen, einfachen Worte. Sind diese nicht ausreichend, um als ernstzunehmende Bewertung eines Buches wahrgenommen zu werden? Muss meine Rezension Begriffe wie Alliteration und Pejoration enthalten, um die Erwartungshaltung an eine ernsthafte oder professionelle Kritik zu erfüllen?

Das führt mich zu der Frage, für wen ich meine Rezensionen verfasse. Einfach beantwortet: für alle, die sich für Literatur begeistern und auf die Frage nach einer persönlichen Beurteilung eines Romans etwas mehr als die Antwort „gut!“ erwarten. Ehrlich gesagt ist es mir dabei vollkommen egal, welchen Bildungshintergrund meine Leser haben. Dabei hoffe ich natürlich, dass meine Rezensionen in einer ansprechend und vor allem verständlichen Art verfasst sind und sich meine Leser nicht mit gar so hässlichen grammatikalischen oder semantischen Faux-Pas herumärgern müssen. Die Beiträge sollen gefallen und Lust auf mehr machen. Selbstverständlich ist das das Ziel eines jeden Bloggers. Aber ich betreibe keine Zielgruppenanalyse, sondern freue mich auf jeden einzelnen Blog-Besucher und „Follower“, denn jeder neue Leser motiviert mich auf’s Neue.

Von der Motivation zum Motiv, denn warum blogge ich überhaupt? Dies ist eine Frage, die man tatsächlich oft gestellt bekommt. Auch hier gibt es eine simple Antwort: weil es Spaß macht! Ich lese gerne, ich liebe Bücher, Buchläden und das jährliche Martyrium des auf der Frankfurter Buchmesse von einer Masse von Gleichgesinnten zerquetscht werdens. Sicherlich ist es beim Bloggen auch ziemlich hilfreich, wenn man eine gewisse Neigung zum Schreiben und eine gewisse Web-Affinität hat. Da liegt es dann auch nahe, irgendwann seine Meinung zu veröffentlichen. Und das ist es dann auch: eine ernst zu nehmende Meinung. Als „Laienkritiker“ möchte ich nicht wirklich wahrgenommen werden, denn für den Erfolg eines Autors zählt ja langfristig die Meinung der Leser, nicht die der Feuilletons. Ein dort als exzellent bewerteter Roman muss nicht unbedingt zum Kassenschlager werden, denn wenn der erste Roman trotz guter Kritiken beim Leser nicht ankommt, kauft er sich den Zweiten auch nicht mehr. Also sehe ich die Rezension eines Bloggers durchaus als repräsentative Kritik, auch wenn er kein Germanist, Journalist oder Publizist ist. Ach ja, als Blogger ist man ja per Definition eine Art Publizist, da wir ja zur öffentlichen Meinungsbildung beitragen.

Und noch mal so zum Nachdenken: die sogenannten „Laien“, sind das nicht auch die Leser? Die Zielgruppe der Autoren? Für mich wäre es bedenklich, wenn man die Meinung der Zielgruppe als „laienhaft“ abwerten würde. Aber dankenswerterweise habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Verlage – das hat Frau Kirsten ja auch hervorgehoben – uns Blogger inzwischen auch als ernst zu nehmendes Marketinginstrument wahrnimmt und unterstützt. Das dies natürlich nur funktionieren kann, wenn wir Blogger uns nicht einer Neanderthaler-Sprache bedienen, setze ich einfach mal, wie Frau Kirsten auch, als selbstverständlich voraus.

Ja, es stimmt, dass wir Blogger uns auf Augenhöhe begegnen und uns nicht als Konkurrenten sehen. Ganz im Gegenteil. Dank Blogger(innen) wie @literaturschock, @Adibuma, @MaditaKohrt, @clickclackboum, @BuchbIoggerin, @TopBuch, @buecherkaffee, @whoiskafka und meiner Mit-Bloggerin @S_Nikolina habe ich schon viele neue Autoren kennengelernt und viele Bücher gelesen, die ich ohne die diese Blogs gar nicht kennen gelernt hätte. Für mich ganz klar in jeder Hinsicht eine literarische Bereicherung, denn unsere Interessen werden durch solche Kontakte intensiviert und unsere Horizonte erweitert. Ein digitales über-den-Tellerand-schauen sozusagen. Eine win-win-Situation für alle.

Mindestens genauso interessant ist für mich aber auch der zaghafte Kontakt zu Schriftstellern, den man durch das Bloggen gewinnen kann. Durch kleine Blicke auf „die andere Seite“ kommt man dem literarischen Ursprung näher und sieht manchen Autor oder Roman vielleicht auch mit anderen Augen. Das kann die eigene Meinung gewissermaßen verfälschen, aber auch verhindern, eine Kritik all zu sorglos zu formulieren. Ein persönlicher Kontakt ist insbesondere bei Rezensionen von Werken aus dem Self Publishing-Bereich sinnvoll, da diese Autoren eigentlich auf uns Blogger als „Testleser“ angewiesen sind. Abgesehen davon ist es für Literaturinteresierte natürlich wahnsinnig spannend, etwas mehr über die Entstehung eines Buches zu erfahren. An dieser Stelle viele Grüße an die bekannten und (noch) unbekannten Autoren @PPrudenzi, @PeterBunzel, @melraabe, @KrimiKuhnert, @fraubauerfeind, @AndreasEschbach, @Marc_Elsberg und den Verlag Reinecke & Voß, der die wunderbare Autorin Luise Boege im Programm hat.

Ich habe – wie vermutlich viele andere Blogger auch – einen Beruf, der mir nur wenig Zeit zum Lesen und Bloggen lässt. Dennoch verwende ich einen Großteil meiner Zeit dafür, mit meinem Blog auch andere für Bücher zu begeistern, die mir gefallen haben, denn es macht mir Spaß und ich habe Freude daran. Der Begriff „Gefallen“ impliziert schon eine gewisse Emotionalität, die bei einer Rezension auch sicherlich nicht fehl am Platze ist, solange man sprachlich einigermaßen dazu in der Lage ist, die Gründe hierfür relativ objektiv zu erläutern. Meine Kritiken sind durchaus ernster Natur und meine Rezensionen, im Rahmen meiner sprachlichen Möglichkeiten, sorgfältig und mit viel Liebe verfasst. Zwar haben manche Blogger den ein oder anderen Vorteil durch ihre Tätigkeit (danke an die Autoren und Verlage, die uns auch Rezensionsexemplare zukommen lassen), aber letztendlich bekommen wir kein Geld für unsere „Arbeit“. Aber nur, weil wir es als Freizeitvergnügen begreifen, nur begrenzt Kontakte zu Verlagen, Autoren und der restlichen Literaturwelt haben und nicht in großen Tageszeitungen oder Zeitschriften publizieren können, heißt das nicht, dass unsere Kritik weniger wert ist. Und ja, natürlich verstehe ich mich als Kritiker (wir nennen das RezensentIn). Andernfalls würde es ja bedeuten, dass die Bewertung eines Buches durch mich – respektive des normalen Lesers – als zweitklassig, unwichtig und vernachlässigbar abgewertet werden würde.

Frau Kirsten hat einen interessanten Beitrag geschrieben, der einige Aspekte beleuchtet und auch in der Argumentation größtenteils schlüssig ist – im Ergebnis zwar etwas verallgemeinernd, aber das lässt sich angesichts der vielen Intentionen unterschiedlichster Blogs ja kaum vermeiden. Aber vielleicht kann ihr Artikel ein wenig dazu beitragen, dass das Bild von uns Literaturbloggern ein bisschen weniger laienhaft ist, denn wir verfassen unsere Rezensionen und Blogs durchaus mit einer gewissen Professionalität, Ernsthaftigkeit und Gründlichkeit. Schließlich rezensieren wir Literatur, keine Putzlappen bei amazon.

Ihrem Fazit kann ich jedenfalls zustimmen, denn sie hat recht: die Leidenschaft für Literatur treibt mich an und ich entfache diese auch gerne bei anderen.

In diesem Sinne: Ran an die Tasten!