Andreas Eschbach: Herr aller Dinge

Andreas Eschbach: Herr aller Dinge

In beengten japanischen Strukturen aufwachsend, lernt Hiroshi Kato zufällig Charlotte kennen, ein Mädchen aus reichem Hause. Ihre unbekümmerte Art begeistert ihn und weckt in ihm eine große Zuneigung, wobei er besonders von Charlottes übersinnlicher Fähigkeit, durch Berührung von Objekten deren Geschichte zu erkennen, fasziniert ist. Doch der soziale Unterschied verhindert ein Zusammenkommen der beiden, so dass sich in Hiroshi die fixe Idee einer Erfindung manifestiert, die Arm und Reich für immer aus der Welt verbannen soll. Als Erwachsener setzt er alles daran, seinen Kindheitstraum zu verfolgen, auch um damit endlich Charlotte zu gewinnen, die Liebe seines Lebens. Seine bahnbrechenden Ideen scheinen in der Tat alle Menschheitsprobleme auf einmal lösen zu können, doch anstatt zum Heilsbringer zu werden, öffnet er ahnungslos die Büchse der Pandora.

Zwar braucht es lange, bis die Handlung so richtig ins Rollen kommt, aber wenn man die erste Durststrecke hinter sich hat, wird es äußerst spannend. Im Verlauf der Geschichte wird dann auch deutlich, dass der etwas langatmige Anfang durchaus Sinn macht, denn Charlottes und Hiroshis Kindheitserlebnisse enthalten viele Ursachen für spätere Entscheidungen und Handlungen der Protagonisten. Diese werden vom Autor derart feinsinnig und mit einer solch wunderbaren Tiefe beschrieben, dass man sich beiden Personen wie mit einer versteckten Kamera nähern und die Welt durch deren Augen sehen kann. Während man am Anfang noch mit Hiroshi und der Verwirklichung seines Traums mitfiebert, freundet man sich im Verlauf der Geschichte immer mehr mit Charlotte an, während Hiroshi sich durch seinen wissenschaftlichen Wahn dem Zuhörer/Leser entfremdet und gegen Ende sogar regelrecht gottgleich zu sein scheint. Dieser an sich fließende Übergang bekommt durch die (unglaublichen und meines Erachtens unnötig gigantisierten) Geschehnisse auf einer Insel einen gewaltigen Schub, die aus dem Forscher Hiroshi einen fanatischen Wissenschaftler werden lassen, während Charlotte schon fast in eine bedeutungslose bürgerliche Mitte zurückfällt, aber durch diesen „Rückfall“ in die Normalität die Sympathien des Lesers einfängt.

Um die Protagonisten wird eine äußerst fiktive Handlung gesponnen, die zwar teilweise etwas sehr übertrieben wirkt, sich insgesamt aber sehr fesselnd entwickelt und viele interessante Wendungen hat. Komplex, logisch, wissenschaftlich und durchdacht entpuppt sich am Ende das Buch als unglaublich spannende literarische Komposition, die von Sascha Rotermund einfach glänzend gelesen wird.

Fazit: Sehr empfehlenswert – wie viele Bücher von Eschbach.

Andreas Eschbach
Herr aller Dinge

Hörbuch, 23 Std. 40 Min.
Gesprochen von: Sascha Rotermund
Version: ungekürzt, Deutsch
Verlag: Lübbe Audio

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