John Boyne: Haus der Geister

John Boyne: Haus der Geister

England im Jahre 1867. Der Vater der jungen Eliza Caine stirbt überraschend an einem Fieber und lässt sie als Waise zurück. Da sie sich ihren Lebensunterhalt nun alleine verdienen muss, beginnt sie zunächst, als Lehrerin zu arbeiten, bewirbt sich aber mit der Aussicht auf bessere Bezahlung als Gouvernante in Gaudlin Hall, wo sie auch ungesehen eingestellt wird. Dass sie sich nicht einmal vorstellen musste, kommt ihr zunächst zwar merkwürdig vor, doch sie beschließt, die Stelle anzunehmen und reist zugleich nach Norfolk. Dort angekommen folgt die nächste Merkwürdigkeit: die Kinder sind scheinbar ganz alleine in dem riesigen Anwesen, von Eltern oder anderen Erziehungsberechtigten keine Spur. Einzig der Anwalt der Familie ist gelegentlich präsent, doch auch ihn sieht Eliza meist nur, wenn er ihr das Gehalt aushändigt. Auch die Kinder selbst verhalten sich merkwürdig: beide sind sich sicher, dass Eliza sie bald wieder verlassen wird; während der Junge äußerst schüchtern ist, zeigt sich seine ältere Schwester seltsam kalt und redet Eliza stets mit ihrem vollen Namen an. Nach einigen Tagen muss sie feststellen, dass zwar jeder das Anwesen und seine Geschichte kennt, doch niemand bereit ist, darüber zu reden. Als Eliza schon bald in mehrere mysteriöse Unfälle verstrickt wird und herausfindet, was mit ihren Vorgängerinnen geschehen ist, stellt sich heraus, dass sie und die Kinder nicht so alleine sind, wie sie zunächst dachte …

Mit Haus der Geister zeigt der am 30. April 1971 in Dublin geborene John Boyne (Der Junge im gestreiften Pyjama und Das Haus zur besonderen Verwendung) erneut, wie vielfältig seine Literatur ist. Stilsicher wie immer entführt er den Leser in das viktorianische England und schafft es wieder einmal, die Stimmung der Zeit brillant zu transportieren. Außerdem passen Geschichte und Erzählstil auch insofern zusammen, als dass er viele Motive der im 19. Jahrhundert so beliebten viktorianischen Geistergeschichte aufnimmt und das Genre auf diese Weise wieder zum Leben erweckt. Somit lässt sich das Buch gut von allen lesen, die von Literatur primär unterhalten werden möchten, es ist zugleich aber auch literarisch anspruchsvoll und spricht somit auch jene an, bei denen ein Werk sprachlich gut durchkomponiert sein muss. Eine Gratwanderung, die nicht jedem Autor gelingt, die Boyne aber sehr gut beherrscht. Wenn man sich dann auch noch für die viktorianische Literatur interessiert, wird man dieses Buch lieben.

John Boyne
Haus der Geister

Broschiert, 336 Seiten
Verlag: Piper Paperback Oktober 2014
ISBN: 978-3492060042