Die junge Frau Julia wird zur Hauptverdächtigen des Doppelmordes an ihren Gasteltern in einer Londoner Wohngegend. Zwar glaubt sie an ihre Unschuld, jedoch leidet Julia auf Grund eines grausamen Erlebnisses in ihrer Kindheit an Gedächtnisstörungen, die Zweifel an ihrer eigenen Überzeugung aufkommen lassen. Der Kommissar Nyomda und seine Partnerin Jones versuchen den Mord aufzuklären, aber auch die Geheimnisse in Julias Leben zu ergründen, denn vieles spricht dafür, dass mehr hinter den Verbrechen steckt. Warum wurden Julias Gasteltern auf die selbe Art und Weise ermordet, wie ihre leiblichen Eltern? Warum sterben alle Entlastungszeugen? Und warum sind Julias noch lebenden Verwandten so massiv daran interessiert, sie schnellstmöglich entmündigen zu lassen? Während Nyomda und Jones den Fragen auf den Grund gehen, beginnt Julia, die Wahrheit über sich selbst zu suchen.
Patrizia Sabrina Prudenzi ist eine Wanderin zwischen italienischen und deutschen Welten. 1963 in Mannheim geboren, verbrachte sie ihre Kindheit und Jugend in einem kleinen Dorf in den Apenninen und kehrte nach dem Studium der politischen Wissenschaften an der Universität in Perugia nach Mannheim zurück, um dort Wirtschaftsinformatik zu studieren. Sie selbst bezeichnet sich als Winterkind, aufgewachsen mit mystischen und gruseligen Geschichten ihrer italienischen Oma vor dem Kaminfeuer.
Prudenzi ist noch relativ unbekannt und veröffentlicht ihre Bücher über den Self-Publishing-Verlag BoD. Dies bedeutet, dass Sie nicht auf die Vorteile großer Verlage zurückgreifen kann, wie z.B. Durchführung eines professionellen Lektorats, Satz oder Gestaltung. Während die „großen“ Schriftsteller vor Veröffentlichung ihrer Werke von dem geschulten Auge eines Lektors profitieren, der auf Schreib-, Form- oder Grammatikfehler hinweist und auch inhaltliche Ungereimtheiten aufdeckt, müssen sich die Schreiberlinge aus dem Self-Publishing-Bereich auf die Gunst der ersten Leser verlassen. Insofern muss man auch ehrlich zugeben, dass das Buch noch einige Schwächen enthält. Als Grafiker kenne ich die Problematik: die intensive Beschäftigung mit einem Entwurf macht das Gehirn blind für offensichtliche Fehler. Wenn der (in diesem Falle) zusätzlich beauftragte Lektor zu viel übersieht, ist das natürlich ärgerlich. Die fehlenden professionellen Satzarbeiten (also “optische” Textkorrekturen) tragen natürlich zu diesem Gesamtbild bei. Diese Nachteile zu Lasten der Schriftstellerin muss man bei der Bewertung des Buches meines Erachtens auch ganz klar hervor heben.
Böses mit Bösem vergelten hat mir gefallen. Es hat mir sogar besser gefallen als Fitzeks Passagier 23. Trotz einiger Schwächen hat mich die Geschichte so gefesselt, dass ich das Buch tatsächlich an einem Tag durchlas und keine Sekunde aus der Hand legen konnte. Eine spannende Geschichte, mystisch und packend, die zwar anfangs etwas holprig einsteigt, aber mit fortschreitender Handlung an Fluss und Dichte gewinnt. Das trifft auch auf die sympathischen Protagonisten zu, denen man gerne in einem weiteren Roman begegnen würde. Besonders schön finde ich den Ausbruch aus dem kürzlich von mir bemängelten „Schema F“ von Thrillern. Hier zeigt die Kreativität Prudenzis ein großes Potential. Sie hat es geschafft, die Spannung bis zum Ende aufrecht zu erhalten und trotz fein gestreuter Hinweise eröffnet sich dem Leser das wahre Ausmaß des Verbrechens buchstäblich erst auf der letzten Seite. Daher mein Tipp an die Ungeduldigen: auf keinen Fall vorab die letzte Seite lesen!
Für mich ist Prudenzi ein roher Edelstein, der mit entsprechendem Schliff und den Möglichkeiten eines „richtigen“ Verlages mit den „Großen“ des Genres durchaus mit-glänzen könnte. Ein Grund mehr, ihr eine Chance zu geben.
Patrizia Sabrina Prudenzi
Böses mit Bösem vergelten
Taschenbuch, 300 Seiten
Verlag: BoD (Books on Demand), Auflage 3, Februar 2015
ISBN: 978-3734730993