Unsere kleine Farm

Unsere kleine Farm

Aufmerksamen Lesern meines Blogs wird es vielleicht schon aufgefallen sein, dass ich zwar die Hörbücher auf audible verlinke, nicht aber die Bücher auf amazon. Im ersten Moment mag das meinem an sich ausgeprägten Servicegedanken widersprechen, denn wäre es nicht schön, wenn man bei Interesse mit einem Klick das gewünschte Buch nicht einfach gleich bestellen könnte?

Nicht unbedingt.

Schon immer liebe ich den Aufenthalt in Buchläden. Die prall gefüllten Regale, der Duft des Papiers, überall bunte, ansprechende Buchcover mit spannenden Titeln und pfiffige Fundsachen, die das Interesse wecken und zum Stöbern einladen. Besonders schön sind die Besuche in der seit 1985 existierenden Bücherstube am Rathaus, denn dort wird der Besuch nicht auf den Vorgang des Einkaufens reduziert, sondern dezent mit Kommunikation gefüllt und sozialen Komponenten bereichert. Man kommt ins Gespräch mit den Verkäuferinnen, mit zufällig anwesenden Kunden und wird dann ganz beiläufig mal gefragt, ob man eine Tasse Kaffee möchte. Ja das gibt es bei amazon natürlich nicht.

Wenn man öfters in den Buchladen geht und die Verkäuferinnen (erstaunlicherweise gibt es kaum männliche Buchverkäufer) zu gewählten Büchern befragt, entwickelt sich eine sehr ehrliche Beratungssituation, denen amazon mit seinen Vorschlägen einfach nicht das Wasser reichen kann. Nach und nach erkennen die Verkäuferinnen meine Vorlieben, aber ich selbst lerne auch, welche die richtige Ansprechpartnerin für welche literarische Kategorie ist. Da kann es dann auch mal vorkommen, dass Frau Schröder vielleicht anmerkt, dass das ausgewählte Buch nicht wirklich etwas für mich ist, was natürlich bedeutet, dass ich es nicht kaufe und sie auf diesen Umsatz leider verzichten muss. Auf der anderen Seite aber haben Frau Schröder und Frau Serdar-Kissel (mit Ihren Kenntnissen aus Germanistik, Anglistik und besonders hervorragender historische Romane und literarisch wertvoller SF) mich schon auf Bücher aufmerksam gemacht, von denen ich noch nie hörte, die sich aber als wahre Leseschätze oder perfekte Geschenke entpuppten (fairerweise muss ich aber erwähnen, dass mein “Schatzzzz” einen ähnlichen Bildungsweg hat und das auch sehr gut kann). Es läuft dann immer auf das dem Ein oder Anderen bekannte Spiel hinaus: man will eigentlich nur ein Buch kaufen, sucht sich aber erst mal drei aus, legt eines zurück und hat am Ende doch mehr, als man ursprünglich wollte. Bei Büchern soll mir das recht sein.

Kritiker mögen nun anmerken, dass ein kleiner Buchladen ja gar nicht die Auswahl einer großen Kette oder gar wie amazon anbieten kann. Auf den ersten Blick erscheint dies auch tatsächlich so, aber bei genauerer Betrachtung kommt hier wiederum das Wissen der Angestellten zum Tragen, die im Gegensatz zu amazon zielgenau auf Bücher hinweisen können, die vielleicht nicht gerade im Regal stehen. Und hier kommt nun das Beste: wenn ich ein Buch bestelle, muss ich kein Prime-Kunde sein, um es am nächsten Tag zu bekommen. Und ich muss mich auch nicht ungefragt dazu verpflichten, Frau Schröders private DVD-Sammlung anzuschauen. Und da die Bücherstube – im Gegensatz zu Thalia, der ja meistens in einer Fußgängerzone liegt – ganz nah ist und ausreichend Parkplätze um die Ecke hat, müssen meine Bestellungen auch nicht im Regen stehen, sondern ich kann sie zu beliebiger Zeit abholen.

Von einem amazon-Jünger hörte ich auch mal das Argument, dass man mit Prime ja viel mehr einspart, da ich ja in Form von Benzin und verloren gegangener Zeit letztendlich ein Mehrfaches dessen investieren würde, was ich an Porto zahlen müsste. Zunächst unterliegt er da einem Irrtum, denn inzwischen sind die meisten (für mich interessanten) Angebote bei amazon im sogenannten Marketplace und unterliegen eben nicht der Portobefreiung. Aber das Wichtigste für mich ist: seit wann ist der Besuch eines Buchladens “verlorene Zeit”?

In diesem Sinne und passend zum ersten Geburtstag meines kleinen Literatur-Blogs unterstütze ich mit Überzeugung den lokalen Einzelhandel und sende einen herzlichen Gruß an Frau Schröder und Serdar-Kissel in die Bücherstube am Rathaus in Sandhausen. Für mich ist der Besuch immer ein gut investiertes Freizeitvergnügen mit hohem Vergnügungsfaktor und lange nachwirkenden Souvenirs.

Bücherstube am Rathaus
Bahnhofstr. 5, 69207 Sandhausen

Öffnungszeiten
Mo-Fr 9.00 – 13.30 Uhr und 14.30 – 18.30 Uhr / Sa 9.00-13 Uhr

› Die Bücherstube im Web